![]() Traumberuf und trotzdem nicht richtig glücklich? Wieso dieses? Also von Anfang an: Du willst spielen immer nur spielen. Nie damit aufhören. Kann das zu einem Beruf werden? Ja, es kann. Man kann das Handwerk lernen. Auf einer Schauspielschule.
Über den Beruf des Schauspielers sagte der Theaterintendant Max Reinhardt: „Ein Schauspieler ist derjenige Mensch, dem es gelungen ist die Kindheit heimlich in die Tasche zu stecken und sie darin bis an sein Lebensende aufzubewahren.“
Wer sich aber nicht nur die Phantasien aus der Kinderzeit in die Tasche gesteckt hat, sondern sich auch von einigen wichtigen Spielzeugen aus dieser Zeit nicht trennen wollte, für den ist Puppenspieler die richtige Berufswahl. Und auch diesen Beruf kann man inzwischen erlernen. An der Berliner Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“, Abteilung Puppenspiel oder an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Ist die Aufnahmeprüfung für den Studiengang “zeitgenössisches Puppenspiel“ an einer der beiden Schulen bestanden, das Studium absolviert, erleichtert den Einstieg ins Berufspuppenspielerleben eine Diplominszenierung. Doch die muss und soll „verkauft“ werden. Aber wie? An wen? Das Fach Marketing gibt es noch gar nicht so lange an beiden Ausbildungsstätten für Puppenspieler. Die Schwierigkeiten als freier Theatermacher zu überleben, jeder Absolvent kennt sie. Susanne Olbrich , die schon eine lange Zeit nach Ihrem Studium an der Berliner Buschhochschule, erfolgreich mit ihrem „TheaterFusion“ arbeitete, hat anlässlich des Frauentages 2012 an viele junge Absolventinnen der Abteilung Puppenspiel an der Busch-Hochschule eine Einladung zu einem Treffen versandt. Beim ersten Termin tauschte man sich darüber aus, wie es ist in Berlin als frei arbeitende Puppenspielerin zu leben, zu überleben. Über das Glück, in so einem kreativen Beruf arbeiten zu können, spielerisch immer wieder neue Welten zu erschaffen, gleichzeitig eine Königin, einen Soldaten, eine Bauersfrau und einen feuerspuckenden Drachen auf der Bühne darzustellen. Und mit dem Spiel nicht nur Kinder zum Staunen zu bringen sondern auch erwachsene Zuschauer. Aber alle Frauen berichteten auch von dem, was ihre Kreativität immer wieder bremst, Zeit und Kraft kostet wie Marketing, Akquise und Verwaltung. Bereiche, die eigentlich eine andere Denkstruktur erfordern, ein anderes Berufsfeld sind, das nun auch ohne nötige Erfahrungen neben der künstlerischen Arbeit mit erledigt werden muss. Wie auch in fast jedem anderen künstlerischem Bereich sind auch Puppenspieler nicht immer davon frei sich mit Zusatzjobs ihren Lebensunterhalt sichern zu müssen. Wieder gehen Zeit und Kraft für die eigentliche künstlerische Arbeit verloren. Und kommt dann noch eine an den Wohnort gebundene Betreuung und Erziehung von Kindern hinzu, dann wird es richtig schwierig. Tourneen, Gastengagements, Regieaufträge außerhalb Berlins fallen dann so gut wie weg. Aus dem anfänglich großen Kreis der interessierten Puppenspielerinnen ist letztlich ein Kern von acht Frauen geblieben, die die Idee kontinuierlich weiter verfolgten, das Solistinnen-Dasein zwar beizubehalten, sich aber die ungeliebten und kräftezehrenden organisatorischen und administrativen Arbeiten soweit es geht zu teilen. Die Idee vom ‚PuppenPool‘ entstand. Die acht Spielerinnen wollten ein Netzwerk und eine Agentur für professionelle Puppenspielkunst aufbauen. Ziel war Spielstätten, Veranstaltern und Eventagenturen mit ihrer Professionalität, den nationalen und internationalen Arbeitserfahrungen das Puppenspiel als gleichberechtigte Kunstform neben anderen darstellenden Künsten ins Bewusstsein zu bringen. Zunächst ist vorwiegend als Betätigungsfeld an Berlin und an das Land Brandenburg gedacht. Besonders Brandenburg ist, was das Puppen- und Figurentheater betrifft, weitestgehend ‚unterversorgt‘. Hier ist mit viel Akquise und Werbung ein breites Betätigungsfeld vorhanden. In Berlin dagegen sehen die Puppenpoolerinnen ihre Aufgabe darin, das Puppentheater vom ewigen „das-ist-ja-was-nettes-für-Kinder“-Image zu lösen. Ein weiteres Ziel ist es, zu vermitteln: Puppenspiel kann Grenzen überschreiten, Themen aufgreifen, die sich spielerisch mit gegenwärtigen Problemen auseinander setzen und damit auch ein erwachsenes Publikum ansprechen. Aber dieses Publikum muss erst einmal überzeugt werden, sich eine Abendvorstellung anzusehen. Wenn das dann passiert ist, dann ist oftmals das Staunen über die Faszination, die die Puppen ausüben können groß, Kindheitserinnerungen kehren zurück und im besten Fall ist ein „Fan“ gewonnen. Doch bis dahin kann es ein langer Weg sein, da machen sich die Spielerinnen keine falschen Hoffnungen. Angedacht ist am 27. März, dem Weltpuppenspieltag oder zum Berliner Theatertreffen im Mai in der ganzen Stadt präsent zu sein, theatrale Aktionen zu veranstalten, so das Puppen- und Figurentheater verstärkt in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu bringen, Aufmerksamkeit bei Zuschauern und regionalen sowie überregionalen Medien zu erregen. Alle diese Aktivitäten sollen aufgezeichnet, auf einer eigenen web-Seite veröffentlicht sowie als Podcast ins Netz gestellt werden. Das alles hört sich erstmal leicht und einfach an, ist dennoch mit viel Arbeitsorganisation der Spielerinnen verbunden, denn jede Puppenspielerin hat eigene Inszenierungen und einen Spielplan, der sich nicht nur auf Berlin beschränkt. LAFT, der Landesverband freie darstellende Künste Berlin hatte 2013 zu einem Marketingwettbewerb aufgerufen. Beteiligen konnten sich nach einer Vorauswahl in der Endrunde im Oktober 2013 zehn frei arbeitende Theater, Einzelkünstler oder Gruppen. In einer oneline-Abstimmung konnte PuppenPool in der öffentlichen Übertragung einer 5-Minuten Darstellung seines Konzeptes mit überdurchschnittlich hohen Klickzahlen den PUBLIKUMSPREIS gewinnen. Die 4000 € Preisgeld sind zur Umsetzung des dargestellten Konzeptes bestimmt. Wichtiger (aber auch wieder nicht unwichtiger) als das Preisgeld ist für ein Theater ein Preis, der vom Publikum vergeben wird. Glückwunsch! Bei einer Festwoche im August 2014 stellten im Figurentheater „Grashüpfer“ im Treptower Park in Berlin alle Puppenspielerinnen Stücke aus ihrem Repertoire vor. Daneben gab es spielerische Aktionen und Open Air-Walk Acts vor dem Theater und im angrenzenden Park. Das Publikumsinteresse war groß. Ein gelungener Auftakt für die Pläne von PuppenPool. Norbert Schwarz, theater minimal
Puppen, Menschen und Objekte Nr. 111, 2014 |
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